Alternative Betrachtungsweisen gefährden die Einseitigkeit! (18)

Alternative Betrachtungsweisen gefährden die Einseitigkeit! (18)

Naturheilpraxis Kuester Naturheilkunde

13.09.21 Heute: Homotoxikologie Teil 2

In Teil 1 haben wir uns mit dem Grundverständnis der Denkweise der Homotoxikologie nach Dr. Reckeweg beschäftigt. Heute wollen wir versuchen nachzuvollziehen, wie das Ganze funktioniert. Wer sich nur schwer an den ersten Teil erinnert, dem sei geraten sich 10 Minuten zu nehmen und den ersten Teil nochmal zu lesen. Die drei Teile bauen aufeinander auf und so ist das Grundverständnis aus Teil 1 sehr wichtig.


Extrazelluläre Matrix (EZM) und Grundregulation

Voraussetzung für eine effektive biochemische Reaktion sind geeignete Substrate zwischen und in den Zellen. Da der Bereich um die Zellen, der so genannte Extrazelluläre Raum den Zellen vorgeschaltet ist, können Zellen nur so reagieren, wie sie über den Extrazellulären Raum informiert werden.

Anmerkung:

Ganz im Gegenteil zu dem, was uns Louis Pasteur gelehrt hat (siehe Art. 8 und 9).

Die dynamische Struktur des Extrazellulärraumes und dessen Regelung(„Grundregulation“) entscheidet daher über die Effektivität extra -und intrazellulärer biochemischer Reaktionen. Dies hängt von der Struktur der Grundsubstanz ab. Sie stellt in allen Zellen und Zellverbänden ein Molekularsieb aus Matrixkomponenten dar, z.B. aus hochpolymeren Zuckerprotein- und Zuckerkomplexen (Proteoglykane/Glykosaminoglykane – PG/GAG), Strukturproteinen (Kollagen, Elastin) und Vernetzungsglykoproteinen (z.B. Fibronektin).

Diese Grundsubstanz wird extrazelluläre Matrix (EZM) oder Matrix genannt. Die PG/GAG sind elektronegativ geladen und daher zur Wasserbindung, aber auch zum Ionenaustausch befähigt. Sie sind daher die Garanten für Isoionie (Konstanz der Elektrolytzusammensetzung), Isoosmie (Konstanz geladener Teilchen) und Isotonie (konstante Druck/Spannungs Verhältnisse) in der Matrix. 

Anmerkung:

Hier ist auch der Stellenwert einer ausreichenden Menge, sauberer Trink- und „Spül“ -Flüssigkeit und der Wert des Fastens erkennbar.

Über die blind in der Matrix endenden vegetativen Nervenfasern erfolgt der Anschluss an das Zentralnervensystem; die Endstrombahn, die die Matrix durchsetzt, verbindet sie mit dem System der endokrinen Drüsen (Hypophyse, Schilddrüse, Nebennieren u.a.m.).


Matrix und übergeordnete Systeme

Beide Systeme sind im Gehirnstamm miteinander verbunden und an übergeordnete Zentren des Gehirns angeschlossen. Auf diese Weise wird in der Matrix nicht nur vor Ort, sondern stets auch unter dem Einfluss übergeordneter Steuergebiete geregelt. Regelzentrum in der Matrix ist der Fibroblast. 

Auf alle eingehenden Informationen (Hormone, Neurosubstanzen, Metaboliten, Kataboliten, pH-Wert-Änderungen u.a.) reagiert er sofort mit einer situationsgerechten Mischung von Matrixkomponenten. Dabei unterscheidet er nicht zwischen „guter“ oder „böser“ Information. 

Auf diese Weise kann jedes Zuviel oder Zuwenig, je nach individueller Disposition, in einen Circulus vitiosus mit unter Umständen schädlichen, bis tödlichen, Folgen für das Gesamtsystem führen. 


Verschlackung

Wichtig dabei ist, dass aufgrund der Sieb- wie auch der Bindungseigenschaften der PG/GAG immer auch die Gefahr der Verschlackung der Matrix besteht, mit Entwicklung einer latenten Gewebeazidose, Anstieg freier Radikale und Aktivierung des proteolytischen Systems mit Übergang in eine proinflammatorische Situation. Letztlich können Schädigungen aller humoralen und zellulären Elemente auftreten, mit Fortschreiten von zunächst anhaltenden Befindlichkeitsstörungen hin zu chronischen Krankheiten und malignem Geschehen.

Schema der Grundregulation

Wechselseitige Beziehungen (Pfeile) zwischen Endstrombahn (Kapillaren, Lymphgefäße), Grundsubstanz, terminalen vegetativen Axonen, Bindegewebezellen

(Mastzellen, Abwehrzellen, Fibroblasten usw.) und Organparenchymzellen. Epitheliale und endotheliale Zellverbände sind von einer zur Grundsubstanz

vermittelnden Basalmembran unterlagert. Jede Zelloberfläche trägt einen mit der Grundsubstanz verbundenen Glykoprotein- und -lipidfilm, wozu auch

die Histokompatibilitätskomplexe (MHC) gehören. Die Grundsubstanz ist über die Endstrombahn an das Endokrinium, über die Axone an das ZNS angeschlossen.

Der Fibroblast ist das stoffwechselaktive Zentrum.


Das Terrain: Vom Humoralen durch die EZM (Extra Zelluläre Matrix) zur Zelle 

In den vergangenen Jahrhunderten wurden Naturwissenschaften von reduktionistischem Denken geprägt. Die Idee war, dass der Charakter und die Funktion biologischer Systeme vollständig erklärt werden können, indem sie in ihre kleinsten Teile zerlegt wer­den. Alles wurde auf chemische Wechselwirkungen reduziert und das Ganze wurde als Summe seiner Teile angesehen.


Zelltheorie

Viele Jahre lang wurde die Zelle als kleinste Einheit in der Biologie betrachtet. Die Zelltheorie wurde ursprünglich von Rudolf Vir­chow (1821-1905 Arzt, Pathologe) aufgestellt. Obwohl Virchow von Robert Remaks (1815-1865 Arzt, Embryologe, Neurophysiologe) Vorstellung ausging, dass die Zelle durch Zellteilung entstehe. Virchow fasste Remaks Vorstellungen zusammen und erklärte, dass „omnis cellula e cellula“ [alle Zellen aus Zellen hervorgehen], so betonte er auch, dass die Zelle in Wechselwirkung mit Blut und Lymphe stehe, und führte seine Synthese in einer Reihe veröffent­lichter Vorträge als Zellularpathologie ein, in der die Zelle als kleinste lebende Einheit im menschlichen Körper definiert wird und als Hauptursache für Krankheiten gilt. 

Virchows Theorie weist allerdings merkliche Mängel auf, denn sie berücksichtigt nicht den Beitrag der neurohumoralen Wechsel­wirkungen zur Krankheitsentstehung, ein essenzieller Aspekt, den Claude Bernard bei der Beschreibung des „milieu interieur“ (inneres Milieu, heute unter der Bezeichnung Homöodynamik bekannt) betonte, als er zusammenfasste: „Die Beständigkeit des inneren Milieus ist eine Voraussetzung für ein freies und unabhängiges Leben.“ Zellen kommunizieren über das Grundregulati­onssystem kontinuierlich mit allen Körpersystemen über das Grundregulationssystem, wobei Grundregulationssystem ein Syn­onym für den modernen Ausdruck extrazelluläre Matrix oder EZM darstellt, deren einziges und einzigartiges Bestreben das Zustandekommen und die Erhaltung der Homöodynamik im menschlichen Körper sind. 


Umkehr eines Paradigmas dank Dr. Alfred Pischinger

Durch das Aufkommen neuer Techniken ist es heute sogar möglich, die Transkription eines einzigen Moleküls zu messen. All­mählich erfährt das reduktionistische Paradigma jedoch ein Umdenken. Während die Wissenschaften immer reduktionistischer wurden, haben andere Wissenschaftler, deren Arbeitsgebiet beispielsweise die Enträtselung des Humangenoms ist, begonnen, zur Sys­temmedizin oder Systembiologie zurückzukehren, und wurden auf diesen Gebieten sogar Pioniere. Die Ansicht, dass die Zelle ohne das sie umgebende Milieu eine Abstraktion sei, wurde klar und deutlich von einem der Pioniere auf dem Gebiet der EZM, Alfred Pischinger, verfochten und wird heute in der etablierten medizinischen Literatur unterstützt.

Die EZM bildet das unmittelbare Mikroumfeld der Zelle. Extrazelluläre Matrices setzen sich aus einer dynamischen und interaktiven Ansammlung von Glykoproteinen, Kollagenen, Glykosaminoglykanen und Proteoglykanen in einer Grundsubstanz zusammen. Diese besteht aus großen Polysaccharidmolekülen (komplexen Zuckermolekülen) in einer wässrigen Lösung aus anorganischen Salzen, Nährstoffen und Abfallprodukten, die als Interstitialflüssigkeit bezeichnet wird. Die wichtigsten Proteintypen in der Matrix sind Struktur- und Adhäsionsproteine. 

Das von Pischinger geschriebene Buch gibt einen umfassenden Überblick über die Struktur und Funktion der verschiedenen Moleküle. 


Extrazelluläre Matrix ein Alleskönner

Die EZM stellt die Hauptmasse vieler Gewebe dar und sorgt für deren Form und Festigkeit, was bei den verschiedenen Geweben – wie z.B. Fett-, Knochen- und Bindegewebe des muskuloskelettalen Systems – sehr unterschiedlich ausfallen kann. 

Doch bietet die EZM nicht nur eine strukturelle Stütze, sondern hat durch Signalübertragungen von der Matrix zur Zelle auch aus­geprägte Auswirkungen auf zelluläre Funktionen. Wie man beispielsweise gezeigt hat, beeinflussen Glykosaminoglykane, Proteo­glykane sowie einige ihrer Fragmente die Produktion von Zytokinen und Chemokinen, die Rekrutierung von Leukozyten, die Spei­cherung und Mobilisierung von Wachstumsfaktoren, die Regulierung der Wundheilung, die Morphogenese, sowie die Initiation und Modulation von Entzündungen. Überdies können die meisten tierischen Zellen in vitro nur wachsen, wenn sie mittels EZM an der Oberfläche befestigt sind. 

Integrine (Membranproteine) und Proteoglykane sind die wichtigsten Adhäsionsmoleküle, die an den Signalereignissen beteiligt sind. Diese Moleküle haben die Fähigkeit, Veränderungen im Mikroumfeld wahrzunehmen, sie zu integrieren und darauf zu reagieren. Integrine durchqueren oft die Zellmembran.

Extrazelluläre Matrix

Somit wurde klar, dass es sich bei der EZM nicht nur um ein Gerüst für die Zellen handelt, sondern dass eine komplexe Beziehung zwischen den Zellen und der Matrix besteht. Während das Wissen von den Interaktionen zwischen der Zelle und ihrem Mikroum­feld sich entwickelte, wurde vor mehr als 25 Jahren für den kontinuierlichen „Cross Talk“ zwischen diesen beiden Einheiten der Begriff dynamische Reziprozität geprägt (Prinzip der Gegenseitigkeit), wobei weitere Einzelheiten in mehreren unterschiedlichen Geweben bestätigt wurden. 

So liebe Leser, ich hoffe ich konnte sie mit auf eine spannende Reise durch die Extra Zelluläre Matrix nehmen und freue mich bald Teil 3 präsentieren zu können.

DANKE


Quellen:

  • Homotoxikologie, Grundlagen für die therapeutische Praxis, Fa. Heel
  • Homotoxikologie, Ganzheitsschau einer Synthese der Medizin, Dr.med. Hans-Heinrich Reckeweg, Aurelia Verlag, Baden Baden

Gerhard Küster, HP

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